Wie das Phänomen einer Fata Morgana – eigentlich fern, aber doch immer mal wieder scheinbar nah. So war das mit der Legalisierung von Cannabis in Deutschland bisher. Seit Festschreibung im Koalitionsvertrag gab es einige Pläne und Entwürfe, vor allem aber das Verwerfen eben dieser. So auch der geplante kontrollierte Verkauf, der im Zuge der Gesetzesänderung angedacht war, aber vorerst jegliche Relevanz verloren hat. Die Gegenstimmen, vor allem seitens der oppositionellen Union, waren laut und sind es auch noch immer. Und die Wahrscheinlichkeit, gegen EU-Recht zu verstoßen, hat nicht wenig dazu beigetragen, dass der Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form vom Kabinett verabschiedet wurde. So are we legal soon now? …or is it just an illusion?
Dem von Gesundheitsminister Dr. Karl Lauterbach vorgelegten Gesetzentwurf wurde im Bundeskabinett zugestimmt. Damit ist es nun ein Regierungsentwurf, der die Legalisierung von Cannabis auf den Weg bringt. Bundestag und Bundesrat muss er noch passieren und wie schon im April verkündet, ist ein Inkrafttreten bis Ende des Jahres realistisch. Aber auch wenn der Schritt in Richtung eines regulierten Umgangs mit Cannabis damit geebnet ist und Euphorie aufkommen lässt, ist die Umsetzung unter den jetzigen Kriterien fernab einer zweckerfüllenden Realität. Zu Kritik kommt es daher nicht nur von Legalisierungsgegnern, sondern auch von Befürwortern.
LEGALISIERUNG ALS ANTWORT AUF GESCHEITERTE DROGENPOLITIK
Die Debatte um Marihuana ist nicht nur im Westen nichts Neues. Faktisch, eine Mitte der Gesellschaft, die sich längst für die Pflanze entschieden hat, sollte keine irrelevante Rolle bei der Gesetzgebung einnehmen. Und nach Jahren einer erfolglosen Drogenpolitik ist es logische Konsequenz, Lösungen bereitzustellen, statt an nicht zeitgemäßen Übereinkommen festzuhalten. Wenig nachhaltig sind aber wiederum bürokratische Meisterwerke, die sowohl den Anbau als auch den Umgang mit Cannabis so stark reglementieren, dass die Wahrscheinlichkeit, das Ziel zu verfehlen, schon unmittelbar gegeben ist.
Unter anderem erfolgreich den Schwarzmarkt einzudämmen. Einfluss auf diesen lässt sich schwer nehmen, wenn der Verkauf und Zugang zu Cannabis nicht wie im angedachten Sinne über lizenzierte Distributionsstellen umgesetzt wird. Laut jetzigem Stand wird es Erwachsenen (ab 18 Jahren) erlaubt sein, bis zu 25 Gramm Cannabis zu besitzen, 50 Gramm im Monat. Zugang soll über Vereine mit maximal 500 Mitgliedern geschaffen werden. Es wird sie aber nicht in Form von Social Clubs geben und sie werden dem reinen Zweck der Distribution dienen. Konsum und Aufenthalt ist also dort schonmal ausgeschlossen. Gezeigt hat sich in Spanien und den Niederlanden, dass die sogenannten gemeinnützigen Vereine eine Grauzone darstellen. Aber keine Lösung sind, eine legitime und kontrollierbare Basis für einen Vertrieb fernab jeglicher kartellähnlicher Verhältnisse schaffen.
Der Konsum ist in der Öffentlichkeit an definierte Abstandsregelungen gebunden. Aber schon jetzt ist es nicht schwer herzuleiten, dass es schier unmöglich scheint, zu wissen, wo genau man sich also befinden muss, um nicht gegen Vorschriften zu verstoßen. So sind laut Entwurf mindestens 200 m Abstand von Schulen und Kindergärten einzuhalten. Bei nur geringster Missachtung, was auch 199 m sind, kann es dann zu Bußgeldern von bis zu 100.000 Euro kommen. Ohne Maßband also ein schwieriges Vorhaben. Und in Relation gesetzt: utopisch ist eine gute Beschreibung.
Ähnliche Probleme könnten die Vorschriften in Bezug auf den privaten Anbau mit sich bringen. Straffrei sind der Anbau von 3 weiblichen Pflanzen pro Person im privaten Raum vorgesehen. Wer das wiederum wie kontrolliert: Who knows knows… We don`t.
Mit der weiterführenden Debatte im Bundestag bleibt nun zu hoffen, dass die Abgeordneten sich diesen Problematiken annehmen und noch Änderungen in den Entwurf einbringen. Dazu gehört auch die Forderung nach der Einführung von Fachgeschäften, unter deren Verantwortung der Vertrieb geregelt wird.
TOGETHER ALONE – EIN NEIN ZU JOINTS MIT FREUNDEN
Und auch die Regelung zum Konsum in Gemeinschaft sollte mehr als überdacht werden. Ursprünglich war vorgesehen, dass im eigenen Haushalt Marihuana aus Eigenanbau in den Räumen weitergegeben werden kann. Logisch. Freunde zu Besuch haben und einen Joint mit ihnen teilen, sollte ja nicht ansatzweise etwas Verbotenes sein. Aber warum nicht ein Gesetz mit Absurditäten verpacken, wenn man es doch machen kann. Und so soll das Teilen des eigens angebauten Weeds in den eigenen Wänden strafbar gemacht werden.
Die Legalisierung, die mit einer Entlastung der Justiz einhergehen sollte, ist damit: DISMISSED! Denn die Kontrolle solcher Szenarien und weiterer unzähliger unklar zu beurteilender Regularien lässt mehr auf erhöhten Arbeitsaufwand als alles andere schließen.
WAS DAS GESETZ ZU EDIBLES UND CBD BEINHALTET
Und auch wenn an dieser Stelle der Eindruck entstehen könnte, dass die Pläne der Regierung mit purem Pessimismus unsererseits einhergehen: It’s not like that. Aber es gibt einfach eine Reihe an Vorhaben, die wie aktuell geplant tatsächlich mehr als fraglich sind. Dazu gehört auch das Verbot von Edibles. Gerade all diejenigen, die sich dem Rauchen entsagen möchten, haben also keine Möglichkeit, Weed zu konsumieren. Vor allem die gesundheitsfördernden Aspekte werden dabei völlig außen vor gelassen. Dabei sind Gummibären oder Schokoladen mit klaren Inhaltsangaben ja wohl mehr als empfehlenswert.
Gleiches gilt für Extrakte. Auch diese sollen einem Verbot unterliegen. Unklar ist, was genau das bedeutet, denn es kann sich einzig auf die Isolierung bestimmter Cannabinoide beziehen. Sollte das aber CBD betreffen, dann grenzt das wiederum fast an Wahnsinn. Und wäre auch mit Gedanken an den Wettbewerb nichts als das.
Im Sinne einer an die Gesellschaft angepassten „Drogenpolitik”, könnte man den Eindruck bekommen, dass nicht wenige Regularien unter Ausschluss notwendiger Experten zum Thema festgehalten wurden. Die Hoffnung liegt also auf dem Einfluss eben jener in den nun folgenden Debatten im Bundestag und Bundesrat. In diesem Zusammenhang wollen wir ein Zitat (CSU) Ex-Bundesdrogenschutzbeauftragten Marlene Mortler nicht vorenthalten: „Alkohol gehört im Gegensatz zu Cannabis zu unserer Kultur.” Wir lassen das einfach unkommentiert hier stehen.
Aber kulturell sollten wir weiter sein … und eben genau deswegen werden wir die Arbeit all jener, die sich für die Legalisierung starkmachen, weiter unterstützen, wo es nur geht. Auch im Hinblick auf die geplanten Testregionen, die als zweite Phase der Gesetzesänderung angedacht sind. In der Schweiz sind diese bereits angelaufen. In Tschechien ist 2024 mit Schritten Richtung Legalisierung zu rechnen. Es ist ein Europa im Wandel und Deutschland kann und sollte dabei eine Vorreiterrolle einnehmen. Mit einer Legalisierung, die genau da ansetzt, wo sie hilft, Drogenkriminalität und Schwarzmarkt einzudämmen und präventiv aufzuklären.
LEGALIZE NOW – cause later is not now enough.